Blick auf Rückspositiv und Hauptwerk mit Pedaltürmen vor Ausbau 2012

Hillebrand-Orgel

Die 1957-1961 erbaute Hillebrand-Orgel wurde 2012 unter Denkmalschutz gestellt. Sie ist wohl die einzige unverändert erhaltene Orgel ihrer Größe und Qualität aus der Wiederaufbauzeit nach dem zweiten Weltkrieg. Bisher fehlen der Kirchengemeinde die Mittel, um sie zu restaurieren und wieder erklingen zu lassen.

Über die Denkmalorgel

Aus der Geschichte der Orgeln der Christuskirche

Bei der Einweihung der Christuskirche am 21. September 1864 war zunächst eine kleinere Orgel an der südlichen Querhauswand aufgestellt worden. Mit 14 Stimmen bzw. Registern reichte sie zunächst für die Begleitung des Gemeindegesanges aus, so Pastor Richard Greve in seinen Aufzeichnungen. Doch an der inneren Turmwand im Westen war bereits ein Raum für eine größere Orgel vorbereitet, und 1880 wurde von der Fa. Furtwängler & Söhne in Elze ein erster Entwurf für eine größere Orgel vorgelegt. Ein Jahr später entwarf Architekt Baurat Conrad Wilhelm Hase selbst eine Empore für die Orgel - 1882 konnte sie dann feierlich eingeweiht werden. Mit 28 Registern war sie zwar deutlich größer, doch passte neben sie auf die knapp bemessene Empore kein Chor. Schon bald litt sie sehr unter den enormen Temperaturschwankungen in der Heizungsperiode.1907 wurden schon Vorschläge für einen Neubau durch die Orgelbaufirma unterbreitet. Durch eine großzügige Schenkung des Patrons konnten 1909 Neubau von vergrößerter Empore und Orgel ermöglicht werden - die bauliche Betreuung übernahm Prof. Karl Mohrmann. Der Blasebalg wurde im selben Zuge modernisiert und mit einem elektrischen Antrieb versehen - der fest angestellte Bälgetreter verlor daraufhin seinen Arbeitsplatz.

In der Folgezeit wurde diese zweite Orgel der Fa. Furtwängler & Söhne von 1911 in der Christuskirche auch zu einem beliebten Konzertinstrument. Auf ihr spielten namhafte Organisten wie Prof. Dr. phil. Hermann Dettmer und Hans Nürnberger.

In der Nacht vom 25. März 1945 wurde auch die Orgel durch Brandbombeneinschlag in den Turmbereich der Kirche zerstört.

Die Gemeinde kam zu ihren Gottesdiensten im Gemeindesaal Am Judenkirchhof 14 zusammen. Hier konnte bald eine kleinere Orgel mit 14 Registern aufgestellt werden. Mit ihr wurden bis 1956 viele Gottesdienste und Amtshandlungen wie Taufen und Trauungen in der Christuskirchengemeinde begleitet.

 

 

nach Wolfgang Pietsch, Festschrift 150 Jahre Gemeindegründung Christuskirche 1859-2009, S. 185f.

Die Hillebrand-Orgel von 1957-1961

Udo Lang
Blick auf die Westempore vor Ausbau der Orgel 2012

Erst nach dem Wiederaufbau der weitgehend zerstörten Kirche konnte Anfang 1957 die Planung eines Neubau der Orgel beginnen. Den Auftrag erhielt Hermann Hillebrand, Orgelbaumeister in Altwarmbüchen. Die Finanzierung erfolgte überwiegend aus Spenden - 100.000 DM, wovon der (erste) Kirchbauverein der Christuskirchengemeinde allein ca. 60.000 DM beitrug. Zur Planungsgruppe gehörten Oberkirchenrat Utermöhlen, Pastor Drömann und Kirchenmusiker Adolf Sörensen, seinerzeit Kantor in Hainholz.

Die Schauseite der Orgel entwarf Ing. Dr. Heinz Wolff, die Empore, eine 5m vorkragende stützenlose Stahlbetonkonstruktion, Stadtkirchenbaumeister Dr. Stade.

Die Disposition der Orgel wurde 1959 in der Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Christuskirchengemeinde beschrieben. Wie die Vorgängerin erhielt sie ein Hauptwerk mit 12 Registern, ein Oberwerk mit 12, ein Brustwerk mit 7 und ein Rückpositiv mit 10, ein Pedal mit 14 Registern, gesamt 55 Stimmen, dazu vier Koppeln.

Die Maße der größten Pfeife wurden mit 4,80 m (16 Fuß) und einem Durchmesser von 30 cm angegeben.

Am 21. Dezember 1958 wurde die Orgel in einer kirchenmusikalischen Feierstunde im Beisein von Prinz Ernst August von Hannover eingeweiht. Kantor Adolf Sörensen, der sich um den Neubau der Orgel besonders verdient gemacht hatte, spielte nun als Kantor der Christuskirche das viermanualige Instrument.

Superintendent Albert Vieth sprach in seiner Predigt die Hoffnung aus, dass "die Orgel die Gemeinde zum Lob Gottes anleiten, die Freudigen froh machen, die Traurigen trösten und alle zu einer lebendigen Gemeinschaft verbinden solle."

In den Folgejahren war die viermanualige Hillebrand-Orgel ein beliebtes Konzertinstrument in Hannover - 1959 konzertierte bei der offiziellen Abnahme der Erfurter Organist Johannes Schäfer.

Bemerkenswert, dass auf Kantor Adolf Sörensen, späterer Stadtkantor in Celle, seine Schülerin Rosemarie Schmidthuber als eine der ersten beruflich tätigen Organistinnen Hannovers folgte.

Bereits in den 2000er Jahren wurde erkennbar, dass die Hillebrand-Orgel  reparaturbedürftig wurde. Im Zuge des Projektes der Garten.Eden.Kirche 2009 war sie sicher verpackt und vor Feuchtigkeit zuverlässig geschützt worden. Doch danach konnte die längst baufällige Elektroheizung nicht mehr in Betrieb genommen werden. Über drei Winter blieb die Christuskirche kalt - und feucht. In der Folge entstand Schimmelbefall, der den Ausbau der Orgel Ende 2011 dringend erforderlich machte.

Anfang 2012 wurde die Hillebrandorgel von 1957-61 unter Denkmalschutz gestellt. Sie ist eingelagert und gesichert bei der Erbauerfirma in Altwarmbüchen.

Doch fehlt ihre Stimme, ihr unverwechselbar warmer und vielfarbiger Klang.

Der heutige Kirchbauverein Christuskirche möchte sich dafür einsetzen, dieses einzigartige Kulturdenkmal des Orgelbaus der 1950er Jahre und unverwechselbare Instrument der Verkündigung in den Gottesdienst zurückkehren zu lassen - an seinen prominenten Platz auf der Westempore der Christuskirche.


 

nach Wolfgang Pietsch, Festschrift 150 Jahre Gemeindegründung Christuskirche 1859-2009, S. 186-188

Foto Udo Lang
Blick auf Rückspositiv und Hauptwerk mit Pedaltürmen vor Ausbau 2012

Disposition der Hillebrand-Orgel der Christuskirche

Es handelt sich um eine viermanualige Schleifladenorgel mit mechanischer Traktur und mechanischer Registrieranlage.