Wissenswertes zu den Glocken der Christuskirche

Aus der Geschichte der Kirchenglocken

Ganz am Anfang stand ein Notgeläut, denn eine vom musikbegeisterten König Georg V. großzügig mit fünf Glocken geplante Stiftung an seiner neuerbauten Residenzkirche konnte nicht rechtzeitig umgesetzt werden. So waren 1864 bei der Einweihung der Kirche nur zwei kleinere Glocken zu hören. Und als Hannover preußische Provinz wurde, blieb das Provisorium für gleich zwei weitere Jahrzehnte erhalten. Die große Christuskirchengemeinde plante dann zum 400. Geburtstag Martin Luthers 1883 endlich die Vollendung des fünfteiligen Geläuts. Doch die Statik des Kirchturms erwies sich als schwierig - die Kreuzblume auf der Spitze schaukelte schon heftig, als die größte Glocke im Turm noch fehlte. Bauliche Veränderungen folgten, bis 1886 glücklich eine Lösung gefunden war - jedoch nun dauerhaft ohne die größte und tiefste Glocke.

Diese Bronzeglocken der Firma J.J.Radler&Söhne aus Hildesheim von 1883 wurden im Gottesdienst am 12. Juli 1917 verabschiedet, um sie zu Kriegszwecken einzuschmelzen. Nur die kleinste Bronzeglocke überstand beide Weltkriege - sie wurde 1921 an die Kirchengemeinde Ebersgrün im Sächsischen Vogtland verkauft.

1920 wurde ein bezahlbarer und zugleich angemessener Ersatz in den Stahlglocken des Bochumer Vereins für Gussstahlproduktion gefunden. Die Glockentöne wurden einen Halbton tiefer angesetzt als im Vorgängergeläut. Am 19. September riefen die Stahlglocken zum Einweihungsgottesdienst - als  zweittiefstes Geläut Hannovers nach dem der Marktkirche. 

1942, als erneut überall Bronzeglocken zu Kriegszwecken vernichtet  wurden, blieben die Glocken aus Stahl an ihrem Ort. Erst beim Luftangriff am 25. März 1945, als das Feuer auf den hölzernen Glockenstuhl übergriff - stürzten sie in den Westeingang der Kirche. Alle drei Glocken überstanden den Sturz nur wenig beschädigt. Doch vergingen weitere 12 Jahre, bis sie am 3. November 1957 zum Abschiedsgottesdienst für Pastor Hoyer wieder erklangen.

Eine weitere Klangpause trat ein, als der U-Bahn-Bau Mitte er 80er Jahre direkt vor dem Kirchturm entlang führte.
Zuletzt schwieg das Geläut von April 2019 bis Mai 2020 aufgrund der erforderlichen Sanierung des Mauerwerks im Turms - erhebliche Kriegsfolgeschäden an den inneren Backsteinwänden mussten fachgerecht behoben werden.

Doch nun trägt der Glockenstuhl aus Stahl die Glocken zuverlässig in 22,60 m Höhe. Von dort aus verbreitet sich ihr Klang nun seit über 100 Jahren über dem Klagesmarkt und in der Nordstadt.

nach Jens Hage in: 1859-2009. 150 Jahre Gemeindegründung Christuskirche Hannover, S. 176-180

Aus der Läuteordnung

Das volle Geläut a°c´d´ erklingt zu allen Hauptgottesdiensten an Sonn- und Feiertagen, jeden Sonnabend um 18 Uhr zum Einläuten des Sonntages sowie zum Jahreswechsel jeweils für 10 Minuten.

Die beiden kleinen Glocken c´und d´werden zu Nebengottesdiensten wie Abend- , Jugend- oder Kindergottesdiensten sowie zu Trauungen jeweils für 5 Minuten geläutet.

Die große Glocke a° läutet alleine am Karfreitag, am Buß- und Bettag, zu Passionsandachten sowie zur Beerdigung eines Gemeindegliedes...
 

Jens Hage, in: 1859-2009. 150 Jahre Gemeindegründung Christuskirche Hannover, S. 180

Daten und Inschriften der drei Glocken

Glocke I     a° -    3.399 kg -    Durchmesser 1.988 mm

JESUS CHRISTUS;
GESTERN UND HEUTE; UND DERSELBE
AUCH IN EWIGKEIT
IN SCHWERER ZEIT
STIFTETE MICH DER OPFERSINN
DER GEMEINDE ANNO DOM.1920

Glocke II - c´- 1.893 kg  - Durchmesser 1.673 mm

O LAND, LAND, LAND;
HÖRE DES HERRN WORT!

Glocke III - d´ bzw. es´-  1.374 kg  - Durchmesser 1.490 mm

FRIEDE SEI MIT EUCH!
DIE FRÜHER HINGEN HIER AM ORT
DIE GLOCKEN NAHM DER KRIEG HINFORT.
NUNMEHR SEI UNS BESCHIEDEN
MIT GOTT UND MENSCHEN FRIEDEN!

auf allen drei Glocken:

GEG. V. BOCHUMER VEREIN I. BOCHUM 1920

 

Jens Hage, in: 1859-2009. 150 Jahre Gemeindegründung Christuskirche Hannover, S. 180